Sonntag, 30. März 2014

Die beste Mutter der Welt?

... na da kotz ich mal ne Runde...

Meine kleine Schwester schrieb in ihrem Facebook Profil unter einem Bild IHRER Mutter:

"Das ist meine Mama, die beste Mama der Welt. Besser als andere Mütter!"

Ok das wars dann... ich kann das nich, nicht mit so einer Lüge, nicht mit so viel Schmalz und Kackgesülze.
Oh was bin ich angekötet.
Ich hätte sie gerne kennen gelernt, aber was soll ich mit ihr reden, über eine Frau die unsere Kindheit zerstörrt hat.
Ich habe ihr das genauso geschriebne und ihr Satz:
"Lass doch die Vergangenheit in Ruhe!"

Na klar,  ist ja auch nur meine Gebärmutter, meine Wirbelsäule, mein Multi-Sein, meine komplette Kindheit die im Arsch ist. Ich erinnere mich noch wie sie Totenköpfe in ihr Schulheft gemalt hat und der Satz:
"Ich will am liebsten tot sein!" Daran erinnert sie sich nicht mehr. Alles ein Schwamm aus dem das Wasser herausgedrückt wurde.

Wenn ich die Vergangenheit vergessen könnte würde ich es tun, Yeah zak weg!!! Cool!
Wenn es Pillen gäbe wie in Matrix würde ich wahrscheinlich die schlucken die mich in ein Illusionäres Wunder-Glücks-Land befördert. Alle Hippe Leute die alle ihre Joins zum Frühstück fressen und alle mit einem Hippy-Glückseeligen - Mir-Gehts-So-Gut - Grinsen im Gesicht und das von Geburt an bis sie alt und grau werden und mit einem Grinsen gen Nirvana auf einer rießen Haschpfeife davon fliegen - Bob Marley lässt grüßen.

Ich kann nicht so tun, als wäre nichts gewesen, ich kann auch nicht so tun, als wäre mir das alles Egal, ihr Leben, die Dinge die sie anscheinend nicht mehr weiß... die sie Verdrängt hat, oder vielleicht dissoziert sie ja auch. . Entschuldigung für gerade totalem EGO.
Ich will das nicht hören, nicht lesen und schon gar nicht sehen. Soll sie mit ihrer ach so besten Mama der Welt leben. Ich kotz drauf!!!

Ich vertrau ihr von hier bis zum nächsten Mülleimer (10cm von meinem Standort entfernt).
Und ich könnte mir sogar denken, das sie gemeinsam mit IHR auftaucht und ich einfach weg zwische ins Nimmerland.

NEIN. Das Thema ist jetzt gegessen, sie sieht mich erst (wenn sie das noch will) wenn alle diese Monster begraben sind.
Vorher nicht.

Wir bauen jetzt gleich den Kaninchenstall, da kann ich mich abregen bei...
Kack Illusionsvergüllte Scheiße!!

Sorry
von Jo

Samstag, 29. März 2014

Trauer um Luna


Wenn aus Tränen Bäche werden
Und aus Bächen das Meer entsteht
Und über unseren Köpfen ein Adler seine Schwingen erhebt
Dann ist die Freiheit ganz nah


Unsere süsse kleine Luna ist Gestern über die Regenbrücke gegangen. Wir haben Luna sehr geliebt, sie kam aus Rumänien, dort wurde sie von einem Menschen sehr schwer verletzt, ihr fehlte ein ganzes Stück Muskel und Hautgewebe.
Die dortigen Tierschützer haben es geschafft, sie zu heilen.
Dann kam sie zu uns auf dem Tierhof, ein kleines verängstigtes, sehr liebes Kätzchen.
Sie hatte von anfang an Probleme mit dem Fressen, sie fraß wie ein Spatz. Anfangs mussten wir sie noch mit Welpenmilch füttern.

Aber sie wuchs nicht, sie blieb dünn, zart und kleinwüchsig. Schon bei der ersten Untersuchung meinte unsere Tierärztin und Freundin, das Kätzchen scheint aus einem Inzestwurf zu sein.

Die Chancen für Luna standen nicht gut. Sie war anders als unsere anderen Katzen. Zwar wurde sie vom Rudel aufgenommen und akzeptiert, trotzdem gehörte sie von Anfang an zu unseren Sorgenkindern.

Vor eineinhalb Wochen fing sie an noch weniger als vorher zu fressen. Sie zog sich vom Rudel zurück. Wenn es Zeit fürs Futter war, war sie die Letzte die zum Fressen kam, sie schnupperte am Futter, nahm einen Bissen und ging wieder zurück zu ihrem Lieblingsplatz der Heizung. Dort schlief sie meistens bis zum Nächsten Tag.

Wir haben alles mögliche ausprobiert, ich habe ihr besonders nahrhaftes Futter gegeben, Welpenfutter, von Elo bekamen wir Astronautennahrung und ich klepperte jeden Tag ein Ei für sie.
Nichts half, sie nahm immer nur einen winzig kleinen Bissen und dann ging sie wieder zurück zu ihrer Heizung. Elo machte ein Blutbild und stellte fest, dass Lunas Leberwerte sehr schlecht waren.
Sie bekam Aufbauspritzen und Vitamin B. Aber es half nichts. Ich saß manchmal bis spät nachts noch mit ihr vor dem Futternapf, legte Leckeries aus. Elo gab uns Welpentrockenfutter, das sehr gerne genommen wird. Aber Luna weigerte sich zu fressen.

Zu sehen wie ein kleines Kätzchen sich zu Tode hungert, ist furchtbar.
Bis auf die Leberwerte war alles ok. Wir verstanden es nicht.
Sie nahm kontinuierlich ab.

Vorgestern Abend hat sie dann das Fressen komplett eingestellt. Ihre Augen waren glasig, ihr Gang der einer sehr alten Katze. Sie schleppte sich jetzt nur noch zum Trinknapf und zur Toilette. Sie war nur noch Haut und Knochen.
Gestern morgen rief ich erneut Elo an, ich war verzweifelt. Und gestern Abend um 18 Uhr fuhren wir mit Luna zu ihr.
Es war für uns alle klar, das es nur zwei Möglichkeiten gab, entweder wir erlösen sie, oder wir schauen zu, wie sie sich zu Tode hungert.
Wir entschieden uns fürs Erlösen.
Um kurz vor 19 Uhr starb Luna ganz friedlich. Jo blieb wie immer die komplette Zeit bei ihr, streichelte ihr Fell, flüsterte Zauberworte (so nennt sie es, dieser Begrifft stammt aus einem Kinderbüchlein von Shaya) ins Ohr. Elo setzte die Narkosespritze an, Luna schlief ein. Ihr Herzschlag setzte da schon mehrfach aus. Sie bekam die Überdosierung nicht mehr mit. Das war ihr letzter Schlaf, sie wacht nun nie wieder auf.

Luna war Jos Lieblingskatze. Jo sucht sich immer die kleinsten und zartesten aus, die Jenigen die es am Schwierigsten hatten.
Und Luna gehörte eindeutig dazu.

Nun ist Luna tot. Jo hat den kleinen Körper ganz sachte auf den  Dachboden getragen und nun wartet sie dort auf ihre Beerdigung die heute im Laufe des Tages stattfinden wird. Shaya malt ein Bild, das tut sie immer, wenn eines unserer Tier stirbt. Dieses Bild legen wir ins Grab.

Sie wird einen schönen Platz bekommen, ganz in der Nähe von Tattoo. Eines Tages wird dort ein Friedhof wachsen, mit kleinen und größeren Tieren, Tieren die einst ein schlimmes Leben hatten. Die wir aufgepäppelt und in unser Herz geschlossen haben und die wir wieder gehen ließen über die Regenbogenbrücke in ihr neues Zuhause.

Seit dem Tod von Tattoo kommt Jo nur noch selten ins Außen, sie trauert auf ihre Art.
Sie zieht sich zurück.

Morgen ist ein neuer Tag.
Jo wird wie jeden Tag die Tiere füttern und diesmal wird Luna nicht mehr vor der Heizung liegen und anfangen zu schnurren, wenn sie Jo sieht.
Der Schmerz wird vergehen, wie jeder Schmerz...

Aber Luna wird immer in unseren Herzen sein. Und ich weiß, sie vergessen wir nicht.

R.I.P

Geliebte Luna
SEI FREI!!!
Deine
 Jo, Johanna, Sweppi, Lings, Rechts, Yensaya und Grid

Deine Britta
und deine Shaya



Donnerstag, 27. März 2014

Alltägliches - Schönes



Heute Morgen bei unseren Schafen und Hühner. Momentan lassen wir die Schafe auf die Hühnerwiese, weil das Gras dort schön saftig ist. Und so stand ich eine Weile und sah unseren Schafen beim Grasen zu, mitten unter ihnen die Hühner die die letzten Körner aufpickten die ich ihnen aus dem Stall holte und auf die Wiese streute.
Es war so schön, dass ich nach Drinnen ging, mein Handy holte und schnell ein paar Fotos schoß.
Das ist für mich pures Glück. Ich stand dort unter ihnen und sah ihnen beim Essen zu.
So langsam erwacht die Welt. Die ersten Schmetterlinge sind mir schon um die Ohren geflogen und ich sah sogar schon die ersten Hummeln aus ihren Erdlöchern kriechen. Bald können wir anfangen die Volieren zu bauen, darauf freue ich mich sehr, denn dann bekommen die Kaninchen endlich ein Außengehege und unsere behinderten Katzen eine Katzenvoliere direkt am Haus, so dass auch sie endlich nach draußen dürfen.

An diesen kleinen Moment wollte ich euch teilhaben lassen.

Mein Blog handelt von Gräultaten, aber das wird sich nach und nach verändern, irgendwann werdet ihr auch die schönen Seiten meines Lebens kennen lernen. Nur gibt es diese erst seit 16 Jahren.

Lasst mich noch eine Weile von den Alpträumen berichten, meine Innies brauchen diesen Austausch, dieses nach Außen tragen, dieses SCHREIEN von Schmerz und Pein.
Es ist für uns alle wichtig, weil es so viel Heilung bringt, endlich das schweigen zu brechen...

Doch bald, das kann ich jetzt schon mit Sicherheit sagen, ist alles gesagt, was es zu sagen gab, alle Emotionen sind gelebt... darum geht es uns und dann darf auch  hier Platz sein, für die Schönheiten des Lebens, die uns begleiten.

Euch alles liebe von Johanna

Verkauft



Ich selbst komme an die Gefühl von damals nicht heran, wenn ich heute traurig bin deswegen, liegt es daran, weil ich hier zuhause eine 6 Jährige Tochter habe. Ich war genauso alt, als ich das erste mal verkauft (ich glaube es war das erste mal) wurde... ganz frisch eingeschult. Und wenn ich dann sehe wie winzig sie noch ist... DAS tut dann weh. Ich stell mir dann die Frage, wie kann man so einem kleinen Kind weh tun und dann wird mir bewusst... ich war so ein Kind. Ich erinnere mich als wäre es gestern gewesen, nur eben ohne Gefühl. Ich weiß ich hatte angst und schmerzen. Aber dann stell ich mir die Frage, weiß ich es weil es nur logisch ist, das ich angst und schmerzen hatte, oder weiß ich es, weil irgendwo in mir die Erinnerung daran ist.

Wenn ich Artikel über Kinderprostitution oder Kinderpornografie sehe, schließe ich die Zeitung, oder klicke sie im Internet weg. Oft schließe ich eine Weile die Augen um die Bilder nach innen zu drängen und oft genug gelingt es mir auch.
Die Sätze dort in den Artikeln erzählen von mir. Denn ich war so ein Kind.

Aber sie erzählen nur die Dinge aus der Sicht Erwachsener. Die Artikel berichten aus einer Distanz die ich nicht ertrage.
Kaum jemand der diese Erfahrung nicht gemacht hat, weiß von was er überhaupt dort spricht. Es sind immer die Täter die im Vordergrund stehen. Kaum jemand schreibt über die Kinder.

Und das liegt nicht daran, dass man diese Kinder schützen will, es liegt einfach daran, das sich niemand traut da näher heran zu gehen. Es ist wie ein ungeschriebenes Gesetz: Der Erwachsene möchte Kinder rein halten und das was man aus uns machte, hat mit Reinheit so gar nichts mehr zu tun. Der Schmutz wird nie wieder weg gehen, er hat sich in unsere Haut gebrannt, wie ein Branding mit einem einzigen Buchstaben: Ein großes Blutrotes P, für Pornografie, für Prostitution.


Wir sind die Schatten in solchen Artikeln, in Wahrheit sind wir nie da gewesen, uns gibt es nicht. Es wird immer nur der Täter derjenige sein der im Vordergrund steht, bei dem man Kinderpornos gefunden hat.
Kein Mensch traut sich zu dokumentieren wie es den ehemaligen Opfern geht. Was dieser Handel aus ihnen gemacht hat. Ob sie ein normales Leben führen können und wie sie das Ganze überhaupt überlebt haben.

Es geht den Berichterstattern nicht darum, zu zeigen: "Sie sind so stark gewesen, sie haben es trotzdem erreicht Erwachsen zu sein" Wir bleiben die ewigen Kinder, die festgefroren auf Bilder gebannt und während der Film immer und immer wieder abläuft und seine Runden zieht von Hand zu Hand unter Ladentheken und im Internet auf undurchsichtigen Seiten, haben wir gelernt zu überleben auf kalten Erdboden und unter unserem Blut und zwischen großen und kleinen Leibern die alle die gleichen Ängste hatten.

Wir sprechen nicht darüber, weil das alte Programm immer noch abläuft:

SCHWEIGE STILL MEIN KIND!

Es ist diese Programmierung - Nein nicht mehr die von einst. Es geht nicht mehr um Erwachsene die uns mit dem Tod drohen, oder drohen das andere Sterben, wenn wir das Schweigen brechen.
Heute sind es die Medien die erwarten, dass wir schweigen, wir immerwährende Opfer haben uns genauso zu benehmen. Wir sollen schweigen, damit das Image des Reinen nicht verloren geht. Man will in dieser Welt nichts wissen, über Kinder die mit 6 Jahren prostituiert und pornografiert wurden, deren Gesichter immer noch auf Leinwände gebannt sind.
Unsere Gesellschaft will glückliche Kinder haben mit glücklichen Eltern, die Hand in Hand lachend über eine Wiese laufen.

Mein Körper trägt all die Wunden noch in sich... aber alles ist bedeckt.. Ich habe es überlebt, in mir gibt es 12 Persönlichkeiten die sich mein Leben mit mir Teilen. Da gibt es nur ein Kind in mir, Grid, die sich in eine winzige Ecke verzogen hat, sie lebt dort schon so lange ich denken kann. Hin und wieder kommt sie hervor und dann tanzt meine Tochter mit ihr Hand in Hand und dann geht sie wieder. Stumm wie eh und je...
Grid kann nicht sprechen und meine Autisten sich nicht verständigen, das sind die einzigen sichtbaren (bis auf meine Narben, aber die sieht ja niemand...) Anzeichen meines Missbrauchs...

Manchmal - ganz ganz selten - da kann ich ganz tief rein schauen, dann fühle ich immer wieder aufs Neue ein Gefühl von Hilflosigkeit, Trauer, Ohnmacht, sich nicht wehren können, dem Ausgeliefert zu sein. Fluchtgedanken, Sterben... mir platzt fast die Brust vor Panik - aber das ist so selten und wenn mir nicht gerade ein Artikel über den Weg läuft in dem davon berichtet wird, das man bei irgendeinem reichen Pinkel auf dem PC Kinderpornos aus den 70gern fand - geht es mir heute - trotz des blutroten Buchstaben  P eigentlich ganz gut.

Alles Liebe von Jo/ Johanna



Mittwoch, 26. März 2014

Kontrollverlust



Vorwort:

Im Februar 2001 brach Jo zusammen. Eigentlich war es ein ganz normaler Tag mit Freunden. Wir sprachen damals über meine vergangene Beziehung zu meinem Ex-Mann, ein ganz normales Gespräch, da machte es Klick.
Ein Klick das unser bis dahin einigermaßen kontrolliertes Leben veränderte.

Eine Freundin war der Meinung, das auch mein Ex-Mann mich missbraucht hat. Dann kam ein Flashback und Jo ging ins Innen. Die Schreiberin hat die ganze Situation dokumentiert, ich selbst Johanna, war damals nicht anwesend.

Diese Zeilen habe ich erst viel später gelesen. Jo war mit der ganzen Situation überfordert. Sie wollte nicht wahrhaben, das wir über viele Jahre missbraucht wurden, auch dann noch als wir erwachsen wurden. Für sie brach eine Welt zusammen, als ihr bewusst wurde, das es wirklich erst aufgehört hatte, als wir unsere Frau kennen lernten. Sie hat uns aus dem Sog der Gewalt herausgeholfen.

Sich das einzugestehen, fällt Jo immer noch schwer...


Die Schreiberin dokumentiert was am 27.2 und am 28.2 2001 passierte:

Ich Jo habe die Kontrolle verloren, die Schreiberin kann nur das schreiben, was die andern fühlen.
Absolutes Chaos:
Ich weiß nicht mehr was los ist, zuerst haben alle durcheinander geredet, das Für und Wider abgewogen, dann ist Jo einfach durchgeknallt, sie fing an zu weinen, und sie weint immer noch.
Ich versuche hier ein wenig Ordnung rein zu bekommen, aber ich habe das Gefühl es rinnt mir durch die Finger. Jo redet nicht mehr, sie hat sich in sich verzogen, ich versteh es nicht. Sonst habe ich sie immer gehört. Nun ist sie still.
Sie ist wie Grid.
Ich weiß nicht ob ich diese Zeilen in mein Tagebuch einbinde, ich muss einfach nur schreiben, damit ich nicht vergesse.
Britta versucht mit mir Kontakt aufzunehmen, sie hat noch nicht verstanden dass ich nicht reden kann, sie versucht mich zu umarmen, sie versucht mich zu halten, aber sie ist bei der falschen. Ich bin nur die Beobachterin, die Schreiberin, ich kann nicht Jo sein.

Ich weiß nicht was passiert ist, ich weiß nur die Dinge die sie mir als Einblick gewährt hat.
Die Gespräche mit den Freundinnen, und natürlich mit Britta. Sie wusste es doch immer, sie hat nichts neues erfahren, warum macht sie jetzt so ein aufheben um die Sache. Bisher ist doch alles ganz super verlaufen, sie hat ganz normal unter Vielen gelebt, nun ist aber alles zusammengebrochen, ich weiß nicht ob sie noch mal kommt, ich hoffe es, ich brauch sie, sie geht nach außen, kann reden, ich kann das nicht, ich schreibe nur.
Ich kann noch nicht mal Einfluss nehmen. Ich bin da, sie lebt.
Es gab keinen Grund, es ist einfach so passiert, vielleicht hatte es die eine Freundin ausgelöst, wei sie der Meinung war, das Jo´s Ex auch Jo missbraucht hat, sie meinte nur das sich alles ändern wird, das hat Jo zum Nachdenken gebracht, sie hat dann einen Panikanfall bekommen, dann hat sie mit Britta gesprochen.
Erinnerungen kamen, brannten sich in uns fest. Da gab es so viele Übereinstimmungen. Wir alle Erleben immer noch, das was vor langer Zeit passiert ist. Und die heile Welt die wir uns aufbauen, die stürzt nun ein.
Weil auf einmal bewusst wird, das es da noch mehr gab.
Yensaya die Geld für Sex genommen hat.
Oder Johanna die weit weg ist und nur da ist, wenn die Freundin kommt, die Jo nicht mag.
Da ist so viel, was wir alle wissen und das für Jo ganz neu ist.
So viel was wir sagen wollen und was uns schweigen lässt.
Wir können nicht darüber reden, weil unser Münder zu sind und unsere Augen blind und unsere Hände verbunden. Unser Blut wie Wasser ist, das sich aus einem Brunnen ins unendliche ergießt.
Wenn Jo reden könnte, würde sie unglaubliche Sachen erzählen die niemand glauben wird.
Ich weiß nicht seid wann sie nicht mehr da ist, ich weiß nur das sie momentan keine Kontrolle hat. Sie überlässt alles mir. Aber ich kann nicht so handeln wie ich gerne will.
Ich spüre ihre Gedanken, sie geht den gestrigen Tag noch einmal durch:

Britta ist da, sie kommt und ich spüre ihre Anwesenheit, sie liest schweigend mit, lässt mich aber in Ruhe.
Gestern sagte sie: "Stell dir vor da gibt es viele Personen sie tragen Schilder, alle halten die Schilder nach oben und zusammen ergeben sie dein Gesicht!"
Sie sagt, ich soll die Personen annehmen, sie gehören zu mir. Aber sie sind so anders als ich... ich kann das nicht."

Ich überlege ob ich diese Blätter auch mitnehme zur Therapeutin.
Ja werde ich wohl, vielleicht bringt sie wieder alles in Ordnung.
Was soll ich mich nur verständlich machen, wenn ich nicht reden kann... ?


Meine Therapeutin hat nicht alles in Ordnung gebracht. Sie sagte damals: Reden sie mit niemanden darüber, sie wollen doch nicht in der Psychiatrie landen. Über MPS wollte sie nicht sprechen, weil sie der Meinung war, das Jo keine Multiple Störung (wie sie sich ausdrückte) haben würde.

Erst viele Jahre später haben wir angefangen uns mit dem Multiple sein, dem Viele-Sein in uns auseinander zu setzten. Die Schreiberin hat all die Jahre in unserem Tagebuch festgehalten. Es waren keine einfachen Jahre. Jo musste lernen, in einem Körper zu leben der altert, während ihr Körper im Innen immer der einer 17 Jährigen ist. Und sie musste Entbehrungen verkraften, eine war, dass unsere damalige beste Freundin Jo ablehnte, weil sie ihr anstrengend und zu kindlich erschien.

Das ist jetzt 13 Jahre her, mittlerweile wechseln Jo und ich uns im Außen ab. Menschen begegnen uns beiden und wenn einer von uns abgelehnt wird, beenden wir die Bekanntschaft oder Freundschaft.

Wir leben alle unser Leben und doch
haben wir nur dieses Eine.


Alles liebe von Johanna

Jo hat mal wieder nen Song im Kopf



Zweite Stophe Yeah :) :

"Bitte nehmen sie eine Identität an, bitte nehmen sie eine Identität an, denn Anonymität ist die Maske von Tätern"

"Hey alles Klar! Ich glaub wir habens rauß. Bei euch hat man Namen und sieht dabei aus, ich glaube, wir verstehen das gehört zur Kultur, so heißen wir nun Peng wie die platzende Hutschnur, wir begrüßen das. Doch mein, dass das zu spät ist denn mit wir meinen wir kein Plurales Majestetis, sondern mich und meine mich bewohnenden Personen, ich kann sie nicht mehr zählen und sie drohen sich zu klonen.
Ich bin keine Person
– nein -
ich bin ein Volk. Ich bin ein Hofstaat, mann, mein Kopf ist voll!
Mit toten Despoten, die wie verirrte Piloten in mir tosen und toben, mir meine Logik verschoben, mir meinen Körper verbogen, mir ihre Seele anboten.
Sie haben mich ungefragt zu ihrem Boten erhoben.
Seitdem reime ich für sie, da sie mich besitzen, Stockholm-Syndrom, ich glaub, sie wollen mich beschützen, so ist das in Kulturen, man beeinflusst sich irgendwann weiß man nicht mehr: "Ist das mein Gesicht?"


Und wer es noch Hipper haben will - Bitte schön... Speed up!!!



Soooorry mein Humor ist krotesk, merk ich gerade, aber ich findes trotzdem gut.
Hoppel hier gerade auf dem Bett rum, dideldumm....

Grüße von eurer Jo


Montag, 24. März 2014

Angst


Dieses Gedicht schrieb ich während meiner letzten Traumatherapie 2001.


Ich schaue in eine alte Welt,
mitten in der Nacht, wenn Schnee zum Fenster fällt.
Ich sehe mich winzig und klein,
sage flüsternd ein Abendgebet:
Mein Herz ist gut, meine Seele rein.

Und finde mich wieder in dunklen Gedanken,
mich verzweifelt halten, an alten Ranken.
Ich höre noch Schreie die ich niemals schrie,
spüre die schmerzen, fühle wie ich fiel.
Entzünde eine Kerze, für das Kind in mir,
das nicht mehr einsam ist,
denn es ist jetzt hier.

Und ich sehe in mein Gesicht,
von Tränen ganz nass.
sehe die Fußspuren noch im feuchten Gras.
Sehe das Messer in meiner Brust,
Höre die Worte, dass ich artig sein muss…
Und sage doch heute,
was mich einst Schweigen ließ:
Es tut so weh, warum all dies?

Warum muss ich fühlen
was damals war,
um zu verstehen?
Warum kann ich mich nicht einfach
umdrehen und gehen?
Warum ist die Vergangenheit auf einmal da,
wo Gegenwart ist und Zukunft so nah?

Warum bin ich traurig,
wenn ich doch Glücklich sein will?
Warum schreie ich nicht laut,
sondern weine ganz still?

Warum lächelt das Kind in mir so süß?
Weiß es denn nicht,
dass es Ingrid hieß
Nein, Ingrid wusste nie wer sie wirklich war;
weiß sie es nun, ist es jetzt klar?

Wo bekomme ich nun die Antworten
auf all meine Fragen?
Kann mir jemand helfen?
Kann es mir jemand sagen?

Finde ich wieder zurück aus dem Labyrinth?
Wo Frau erscheint und verschwindet das Kind?
Wo ich wieder ... Jahre alt bin.

Ich habe Angst und weiß nicht warum,
denn was einmal war, ist schon lange rum.

Ich sehe die Spinnen
aus den Schranktüren krabbeln.
Sehe mich weinend
in starken behaarten Armen zappeln.
Sehe wie ich einst an den Schmerz
von heute zerbrochen bin.

Ich sehe nicht weg, sondern sehe hin!
Und weiß nicht,
ob ich das alles noch einmal ertrage.
Darum bitte beantwortet mir doch die Frage:
Warum?

Warum muss ich all das erleben?
Ich kann niemals vergeben,
niemals werde ich still halten,
wenn jemand mich schlägt.
Mich tritt, meinen Körper zersägt.
Mich für seine Zwecke missbraucht,
mir seinen faulen Atem einhaucht.
Mich benutzt, mich beschmutzt,
mich zwingt, mich umringt,
mich zerstört, mich verhört.
Mich vergessen lässt,
wer ich wirklich bin.

Wo liegt die Menschlichkeit
in diesem Sinn?

Wo bin ich unter all dem begraben?
Wer bin ich wirklich,
kann mir das jemand sagen?

Schweigen um mich herum,
wie damals als ich noch nicht reden kann.
Ich war noch so klein,
in ihren Augen so dumm.
Benutzt von Frau!
Benutzt von Mann!

Wo sind sie heute?
Was werden sie denken;
wenn sie diese Zeilen lesen?
Sie waren die einzigen,
die wussten wer ich einst gewesen.

Aber heute sind sie tot, oder alt und krumm.
Sie werden bestimmt nicht mehr wissen,
wissen warum…

Warum lächelt das Kind in mir so süss, 
Weiß es denn nicht das es Ingrid hieß?

Werde jetzt schlafen gehen,
es ist schon Morgen.
Wenn die Sonne erwacht,
fühle ich mich geborgen.

Die letzten Stunden sehe ich
in dein schönes Gesicht.
und ich denke wie sehr doch
liebe ich dich.

Das gibt mir Kraft
für den neuen Tag,
der die alten Wunden
überdecken vermag

Die Narben die niemand
gerne sehen will,
die streichelst du sanft und still.

Ich verstehe nun
warum das Kind in mir lacht.
Du bist da, wenn es wieder erwacht!
Ich bin mit meinem Schmerz nicht allein
du bist da, wirst auch dann bei mir sein.

Ein Mondengel, der mir die Flügel ausleiht,
mich tröstet, mich hält,
mich von all dem befreit;
was noch fragend sich Wege bahnt.
Du hilfst mir beim aufstehen,
reichst mir immer die Hand,
du bist da…

Danke Britta

Wie immer von Tomja


Heute hat sich nach vielen Jahren Tomja zurück gemeldet.
Sie bat uns eine Erinnerung aufzuschreiben. 
Und das habe ich getan...
Danach habe ich geweint. Aber diese Tränen sind gute Tränen ....

Von Tomja

* Die Namen meiner Geschwister sind verändert.


Magensaft der wie Galle schmeckt. Der Tag ist angebrochen und ich fühle die Schmerzen kaum noch, da ist nur der Geschmack in meinem Mund.
Das Blut hat die Matratze verfärbt und ich werde sie nachher umdrehen, sobald Rieke aufgewacht ist. Sie schläft und ihr Gesicht sieht sehr hübsch aus, trotz der Augenränder und trotz der blauen Wange.

Auf der anderen Seite schläft Valtin, er hat sich zu einer Kugel geformt, die Arme fest um seinen kleinen Körper gepresst. Er ist nackt und man sieht seine roten und blauen Rippen und die Striemen auf seinem Rücken. Karl bewegt sich im Takt seiner eigenen Musik.

Es ist ein neuer Tag, ich versuche aufzustehen, doch ich brauche einen Moment, um gegen die Übelkeit und dieses ferne Gefühl zu kämpfen. Wo bin ich? Wer bin ich heute?
Ich sehe mich im Zimmer um und mir kommt alles so fremd vor, neben mir liegt ein Mädchen, ihre Locken sind zerzaust und sie hat noch den Daumen im Mund. Und auf der anderen Seite sitzt ein kleiner Junge, sein Körper geht vor und zurück, vor und zurück. Jetzt schaut er mich an: „Grid?“

Ich kann nicht aufstehen, noch nicht. Also krabbel ich über den Boden zu ihm. „Na du“ sage ich leise. Wer ist Grid?
Er streckt mir seine Hände entgegen. Und ich fang ihn auf. Wir sitzen gemeinsam auf den Boden und wiegen uns gemeinsam hin und her.

Und in mir ist diese Frage: Wer ist Grid?

Der andere Junge ist aufgewacht, nackt geht er zum Eimer und pinkelt hinein. „Er ist voll!“ sagt er, ich sage: „Schütte es aus dem Fenster, draußen ist es noch nicht richtig hell, da sieht es niemand!“

Der Junge schaut mich ängstlich an, dann schaut er zur Tür. „Mach du!" sagt er.
Und ich versuche aufzustehen, unter mir hat sich eine neue Blutlache gebildet. „Jetzt mach schon, ich kann noch nicht!“ fauche ich ihn an. Er verzieht das Gesicht und ich knurre wie ein Hund: „Valtin, hör ja auf zu heulen. Nimm den Scheiß Eimer und kipp ihn aus dem Fenster!“.

Wer ist Valtin?
Der kleine Junge in meinen Armen, krabbelt zur Zimmer Ecke, da legt er die Arme um sich und summend bewegt er sich wieder vor und zurück. Valtin geht zum Fenster, doch er dreht sich noch einmal um. „Sie schlafen noch!“ sage ich sanfter. Dann nickt er, öffnet das Fenster und kippt den Eimer nach draußen.

Ich muss den verfluchten Boden sauber machen, denke ich. Ich nehme das Laken von Valtins Bett. Er hat wieder ins Bett gemacht, dann ist es auch egal, denke ich. Und wische damit zwischen meine Beine und dann über den Boden. Ich muss unbedingt die Matratze umdrehen. In meinem Kopf sind andere Stimmen die zwischen meine Gedanken reden.

Wie komme ich hier raus. Ich habe Hunger. Wo ist Oma. Lass mich konstruktiv nachdenken, was ist noch mal das Verhältnis von … Wenn es wirklich Gott gibt, wo ist er? Irgendjemand singt Mendocino.

Ich halte mir die Ohren zu und fauche: „Haltet endlich die Klappe, ich muss dieses verfluchte Blut wegwischen!“ Valtin sieht mich irritiert an: „Ich sag doch gar nichts!“

Ich merke wie die Luft um mich weniger wird. Der Boden ist einigermaßen Sauber, nur die Schlieren sind da. Die wird Mutter wegwischen, später...
Ich steh auf und ein Schmerz reißt zwischen meinen Beinen, aber es blutet nicht mehr. Mir ist immer noch schlecht. Ich geh zum Fenster und ziehe die Luft ein, tief einatmen und ganz viel ausatmen. Einatmen geht, aber ausatmen wird schwer. Ich muss husten... ATMEN!!!

Valtin kommt zu mir und legt seine dünnen Arme um mich. „Ich hab dich lieb Grid“ sagt er leise. Ich sag nichts. Ich sag es nie. Sobald dieses Gefühl hoch kommt, schlag ich drauf ein. Ich hab dich nicht lieb, nein nein nein. Ich schieb ihn weg und versuche gegen die Tränen zu kämpfen, wenn ich jetzt anfange zu weinen, kann ich gar nicht mehr atmen.

„Ich bin nicht Grid“ sage ich in die Stille.

Ihn überrascht das nicht. „wer bist du dann?“ fragt er.
„Bist du Tomja?“ fragt er.
Ich bin wütend. „Zieh dir verflucht noch mal was an!“ Ich hasse es wenn er nackt vor mir steht, dieser kleine dünne Kerl. Wer ist er überhaupt?
Er verzieht den Mund, ich weiß er wird weinen.

Rieke ist aufgewacht, ihr Körper streckt sich, dann schaut sie auf die Matratze.
„Scheiße kannst du nicht aufpassen. Jetzt ist die auch noch versaut. Bald können wir auf dem Boden schlafen.“
Ich sehe sie an, meine Rieke. Sie sieht so schön aus wie sie mich wütend anfunkelt. Das erste Mal das ich lächle.

„Wir drehen sie um, ausserdem ist das nicht nur mein Blut, schau dich doch mal an!“ Sag ich.
Sie flucht, dann kommt sie mit ungelenkigen Beinen auf mich zu. „Stimmt!“ lächelt sie.

„Morgen Schwesterchen, gut geschlafen?“ Ihre Mund ist schief und eine Augenbraue ist hoch gezogen. Sie lächelt nicht mehr.

Mein Blick geht wieder zum Fenster, ich sehe die Sonne wie sie den Wald in ein wunderschönes Licht taucht. Ich sehe die Ferne und die Freiheit so nah.

Noch einmal atme ich tief ein und noch tiefer aus. Meine Brust tut weh. Ich schließe das Fenster, es wird Tag. Ich gehe einen Schritt zurück.

Ich drehe mich um und sehe in ihr Gesicht.
Ich weiß gleich geht die Tür auf und es fängt alles von vorne an.
Ich sage: „wie immer!“ und Rieke nickt.

....




Johanna und die Schreiberin

Ende

Sonntag, 23. März 2014

Buchprojekt




Seit einigen Wochen (oder sind es Tage) bin ich in einer DIS/MPS Gruppe.
Seit dem fühle ich  mich nicht mehr ganz so alleine mit meinem Viele-Sein.

Vor vier (mehr oder weniger) Tagen kam ich auf die Idee ein Buchprojekt zu starten. Ich setze diese Idee in unsere Gruppe und schnell fanden sich einige Leute und seit dem Schreiben wir und  laden Bilder hoch. Die Offenheit der Menschen ist überwältigend.
Das was wir alle erlebt haben, ist bedrückend grausam realistisch unrealistisch unglaublich - der Tod ist dagegen ein Kinderspiel.

Wir sind alle kreativ, alle sind wir Überlebenskünstler. Ich bin hin und her gerissen zwischen Hochachtung und Ehrfurcht und einem Gefühl - das erste mal  in meinem Leben - einem Gefühl so langsam zu begreifen, das unsere Gehirne ähnlich funktionieren.
Ich bin sehr dankbar diese Menschen getroffen zu haben. Und ich bin sehr dankbar für meine Idee ein Buch aus unseren Erlebnissen entstehen zu lassen.
Viele von uns reden das erste mal so dermaßen offen über ihre Erlebnisse, dass ich am liebsten niederknien mag - so stolz bin ich auf sie.

Ich möchte euch hier und jetzt sagen, wie großartig ihr seid.
Das was ihr mir mit eurer Offenheit schenkt, ist so viel, dass mir die Worte fehlen.
Ich danke euch von Herzen.

Mein Alien hat seinen Planeten gefunden!

von Herzen Danke eure Johanna

Die letzten beiden Eiträge von uns werden Teil des Buches sein.





Erinnerungen / WIR schreiben TRIGGER



DAS IST EIN GEMEINSCHAFTSPROJEKT VON UNS.


Meine Eltern heirateten am 3. September 1965.
Nur wenige Stunden später kam ich auf die Welt, ich war das erste von 6 Kindern.
Mein Missbrauch begann kurz nach meiner Geburt. Ich wurde im 8 Schwangerschaftsmonat geboren, so wie meine Oma mir später erzählte, kam ich auf die Welt, weil meinVater meiner Mutter in den Bauch boxte.

Meine Mutter ließ mich im Krankenhaus zurück und verschwand. Mein Vater wurde gesucht undholte mich zu sich. Dort legte er mich in ein Gitterbettchen und verschwandebenso. Ich weiß nicht wie lange ich dort ohne Nahrung lag. Meine Oma lag zudem Zeitpunkt nach einer Magenoperation in der Klinik und eine Nachbarin verständigte sie, weil ich aufgehörthatte zu schreien. Sie verließ auf eigene Verantwortung die Klinik und kamgerade noch rechtzeitig, bevor ich starb.

Meine Großmutter nahm mich zu sich und ich bekam den Namen Ingrid Johanna. Bei meiner Oma und meinem Opa blieb ich die ersten 4 Jahre. Es waren schöne 4 Jahre, ich nannte meine Großmutter Mama. Meinen Opa sah ich damals nur selten, weil er noch eine Wohnung hatte und zu dem Zeitpunkt noch nicht bei meiner Oma lebte. Aber ich liebte beide sehr.

Meine Eltern lebten über der Wohnung meiner Großmutter, aber für mich waren sie bis dahin Fremde. Meine Oma erlaubte mir nicht, mit den „fremden“ Kindern zuspielen und ich sah die fremden Leute nur selten. Hin und wieder stritten sie mit meiner Großmutter und sie schrien sich an und manchmal weinte meine Oma, sie hatte ein blaues Auge oder blutete oft aus Wunden. Und eines Tages kamen diese Fremden und sagten, dass sie mein Vater und meine Mutter sind und ich musste mit ihnen gehen. Ich schrie nach Oma. Aber meine Oma schloß die Tür.
In der ersten Nacht bei ihnen wurde ich das erste Mal vergewaltigt. Ingrid starb während der Vergewaltigung und Grid und Johanna wurden geboren.


Ich erinnere mich:

Das mich meine Mutter festhielt und mir sagte, ich soll mich nicht so zieren. Dann zog mich mein Vater aus und legte sich auf mich. Ich erinnere mich auch an den Schmerz, als würde ich zerreißen. Ich erinnere mich auch an meine schwarzen Spangenschuhe, die ich sehen konnte, während er mich vergewaltigte. Danach weiß ich nichts mehr.
Das nächste was ich weiß, war das meine Mutter mich badete und eincremte und mir sagte, ich sei nun Papas kleines Mädchen. Ab dem Zeitpunkt habe ich mit dem Sprechen aufgehört. Ich weiß nicht wie lange ich nicht gesprochen habe. Zu dem Zeitpunkt hatte ich bereits 2 Geschwister und das vierte Kind war unterwegs. Ich weiß auch nicht mehr, wie lange ich bei meinen Eltern blieb. Irgendwann kam ich wieder zurück zu meiner Oma, weil meine Mutter ins Krankenhaus kam und mein kleiner Bruder geboren wurde.

Ich erinnere mich, wie ich auf dem Schoß meines Vaters saß und meine drei Jährige Schwester auf dem Schoß meiner Mutter. Meine Mutter rauchte und dann drückte sie einfach die Zigarette auf meiner Schwester aus. Meine Schwester schrie furchtbar.

Kurz nach der Geburt meines Bruders – ich erinnere mich:

Ich musste Nachts oder früh morgens auf Toilette. Ich hörte wie das kleine Baby schrie und dann sah ich draußen im Flur den Fremden Mann von oben der zu mir runter rief: FANG!

Und ich hielt meine Arme auf, weil ich dachte er wirft mir eine Puppe zu, denn das was er hielt sah aus wie eine Puppe. Aber die Puppe prallte an meinem Bauch ab und fiel vor mir auf den Boden. Ich selbst bin durch den Aufprall nach hinten gefallen. Mein Bauch tat ganz doll weh. Ich habe mich aufgerappelt und nach der Puppe gegriffen. Aber es war keine Puppe es war ein Baby, das sich nicht mehr bewegte. Tomja und Tommi wurden geboren. Tommi wurde unser Beschützer.

Man sagte mir irgendwann, dass mein kleiner Bruder  behindert zur Welt gekommen sei. Ich selbst hatte über viele Jahre immer wieder die gleichen Albträume von einer Puppe die mir zugeworfen wurde und die ich nicht fangen konnte, die dann vor mir auf dem Boden aufschlug und zerbrach. Erst mit Mitte 20 erzählte mir meine Oma die Wahrheit. Die Albträume habe ich immer noch hin und wieder.

Zwischen meinem 4 und 9 Lebensjahr – Ich erinnere mich:

Eines Nachts bin ich weggelaufen. Es war Winter und ich rannte in den Wald. Ich blutete und mein Nachthemd war ganz rot von Blut. Ich versteckte mich unter einer Tanne und machte mich ganz klein. Aber man fand mich wieder.

Kurz nachdem ich eingeschult wurde, machte mich meine Oma mitten in der Nacht wach. Sie sagte ich solle aufstehen und mich anziehen. Danach brachte sie mich zu einem Taxi, das draußen auf mich wartete. Der Mann fuhr mich zu einem Haus.Ich musste mit ihm in das Haus gehen. Drinnen waren lauter Pinkfarbene Sessel. Ich musste mich in einem Sessel setzten und warten. Ich hatte meinen Lieblingsmantel an, er war hellblau. Ein junges Mädchen kam und brachte mir ein Glas Sekt, sie war sehr nett und sagte ich soll alles austrinken. Das hab ich auch getan, aber ich fand den Geschmack furchtbar und ich hatte Angst. Ich habe dann angefangen zu weinen. Aber das junge Mädchen sagte, ich soll jetzt stark sein und ich soll aufhören zu weinen. Dann wurde ich von ihr in einen Raum gebracht. Da waren viele Leute. Auch meine Eltern waren da. Die meisten waren Nackt. Meine Mutter saß nackt auf einen dunkelhäutigen Mann und mein Vater lag auf einem Mädchen, sie war nur wenig älter als ich. Ich musste warten und ich weiß noch, dass mir schlecht wurde vor Angst. Dann kam der dunkelhäutige Mann auf mich zu, er hatte einen großen Penis  und er lächelte mich an.

In dieser Nacht entstanden Rechts und Lings.

- ich weiß noch wie ich wieder in Omas Küche stand, sie trocknete mir die Tränen ab, dann wusch sie mich und cremte mich mit Penatencreme ein. Sie sagte,dass mein schöner hellblauer Mantel dreckig ist und dann machte sie unseren Küchenofen auf undwarf ihn hinein. Ich hab furchtbar geweint, weil das mein Lieblingsmantel war. Und ich schämte mich, weil ich ihn dreckig gemacht habe.

Kurz vor oder nach meinem 9. Lebensjahr kam eines Tages die Polizei, sie pochten an unsere Tür und meine Oma schob einen Schrank davor. Doch sie brachen die Tür ein. Meine Oma warf sich auf mich und ein Polizist warf sich auf Oma. Ich konnte irgendwie unter ihnen hervor krabbeln und rannte zur Tür. Doch draußen standen andere Polizisten. Einer fing mich und gab mich weiter an meine Mutter. Ich schrie und trat um mich. Ich biß meiner Mutter in den Arm. Aber sie hielt mich fest.
Mein Opa wurde verhaftet und ich musste bei meiner Schwester im Bett schlafen.

Dann gab es eine Gerichtsverhandlung, ich musste auf den Schoß eines Richters sitzen, er fragte mich ob Opa mich lieb hat. Und ich sagte: Ja mein Opa hat mich lieb. Er fragte ob Opa mich auch mal streicheln würde. Da bekam ich Angst und fing an zu weinen. Ich sagte ich will wieder zurück zu meiner Oma. Aber der Richter sagte nichts mehr.
Ich musste bei meinen Eltern bleiben. Erst mit Mitte 20 erfuhr ich, dass mein Opa wegen meiner Vergewaltigung von meinem Vater angezeigt wurde. Und meine Oma schwieg dazu. Ich fand alte Dokumente über die Gerichtsverhandlung. Mein Opa hat mich danach nie wieder berührt, ich bekam nie wieder einen Kuss von ihm, er starb ohne mich je wieder berührt zu haben, ich weiß nicht ob er für schuldig gehalten wurde, ob er deswegen im Gefängnis saß. Ich habe ihn sehr lieb gehabt. Er starb 1978, 3 Jahre nach der Gerichtsverhandlung an den Folgen eines Motorradunfalls. Ich glaube er hat versucht sich das Leben zu nehmen.

Oft wurden wir in unseren Zimmer eingesperrt, manchmal über Tage. Wir hatten nichts zu essen und auf dem Herd stand ein Topf Wasser, mit einer Kelle konnten wir daraus trinken. In der Ecke stand ein Eimer da durften wir rein machen.
Hunger ist furchtbar, zuerst hat man nur Lust auf Essen, dann fängt der Bauch an zu krummeln und es sammelt sich im Mund spucke. Und irgendwann tut es richtig weh. Nichts zu drinken zu haben, ist noch schlimmer, dann ist der Mund ganz trocken und die Lippen reißen auf.

Meine Mutter wurde erneut schwanger. Sie wollte das Baby nicht. Ich erinnere mich:
Sie legte sich auf unseren Küchentisch. Sie verlangte von mir Wasser zu holen, dann schob sie eine große Stricknadel in sich hinein. Aber sie schaffte es nicht und so verlangte sie von mir die Stricknadel in sie reinzuschieben. Ich weigerte mich, da sagte sie, entweder ich tue es, oder sie bringt mich um.
Sie schrie furchtbar und ich hatte Angst. Ich weiß nicht wie alt ich damals war. Also schob ich die Stricknadel in sie. Und dann kam viel Blut und in dem Blut war ein winzig kleines Baby. Sie schrie mich an, ich soll das Blut wegwischen und das "Ding" in den Ofen werfen. Ich wischte das Blut weg und dann ging ich mit den Eimer in dem das winzige Baby im blutigen Wasser schwamm nach draußen. Ich habe das Baby im Garten begraben.

Manchmal kamen Leute, dann machten unsere Eltern „Party“ es wurde viel Bier getrunken und Hasch geraucht und dann wurde eine große Lampe aufgestellt und wir mussten uns „hübsch“ machen. Unser Vater machte Fotos und drehte dann einen Film mit uns.
Oft waren fremde Kinder da, wir mussten untereinander und mit den Erwachsenen Sex haben.

Die Kinderpornos wurden dann am Bach vor unserem Haus deponiert.
Einmal fanden wir diese Kartons beim Spielen am Bach. Ich sah mich selbst und musste mich erbrechen, dann rissen wir die „Kataloge“ in kleine Schnippsel und schmissen sie ins Wasser.

Kurz danach starb ein Mädchen das oft bei uns war. Annabell wurde von ihrem Vater in der Badewanne ertränkt.

Manchmal mussten wir zuschauen, wie unser Vater seine Waffe reinigte, dabei erzählte er uns, was man alles erschießen kann mit einer Waffe. Er sagte: „Ich kann euch nach einander den Kopf wegblasen und dann spritzt euer Gehirn an die Wand und dann seid ihr tot“.
Oder er putzte sein Messer und erzählte dabei:
„Habt ihr schon mal die Narbe auf der Hand eurer Oma gesehen? Das war ich, fragt sie mal danach!“
Und dann zu mir: „Wenn du nicht parierst schneide ich ihr jeden Finger einzeln ab. Und dann töte ich sie“

Oft schlug er uns mit den Fäusten oder den Gürtel und wenn wir auf dem Boden lagen, trat er uns in den Rücken und in den Bauch. Oft schlug er auch unsere Mutter, dann hatte sie ein blaues Auge, oder blaue Rippen. Manchmal konnte sie nicht gehen und lag in einer Ecke und meine Geschwister kümmerten sich um sie.

Einmal da leerte ich alle Bierflaschen aus, sie hatten damals diesen Klickverschluss, ich füllte Wasser mit Spüli hinein und stellte die Flaschen wieder ordentlich in den Kasten. Unsere Eltern brachten uns fast um, bis meine Geschwister sagten, dass ich es war.
Was danach passierte weiß ich nicht.

Einmal versuchte sich meine Mutter das Leben zu nehmen, sie war total nett zu uns, wir durften zur Oma und dort Fernsehen schauen. Irgendwann hörten wir von oben ein Rummpeln. Meine Schwester und ich liefen nach oben. Die Tür war angelehnt, aber versperrt. Wir schafften es uns durch die Lücke ins Zimmer quetschen. Am Türgriff hing unsere Mutter, ihre Zunge hing draußen, die Augen waren ganz weiß und verdreht. Sie atmete nicht mehr. Meine Schwester fing an zu schreien. Aber ich war ganz ruhig. Ich schnauzte meine Schwester an: „Halt die Klappe, sie ist tot!“

Meine Schwester drehte sich um und rief nach unserer Oma. Oma kam, gemeinsam mit einer Nachbarin, zusammen banden sie meine Mutter ab und machten Mund zu Mund beatmung. Und meine Mutter fing wieder an zu atmen.

Ich setzte mich dann nach draußen auf die Treppe und wartete auf unseren Vater.

Etwas später geschah dann folgendes:

Mein Vater war wütend über den Selbstmordversuch unserer Mutter. Er schrie und ich hörte wie sie sagte: „Daran ist nur dieses Balg schuld. Mach was, bring sie weg. Sonst versuch ich es immer wieder!“ Mein Vater schlug meine Mutter, doch dann kam er zu mir.

Ich erinnere mich:
Er schlug mich, weil ich dran schuld war, das unsere Mutter sich das Leben nehmen wollte. Er trat mich. Als ich auf dem Boden lag und mich kaum noch bewegte, legte er seine Hände um meinen Hals und drückte zu. Ich sah  mich wie von oben, ich sah meinenVater wie er über mir saß und meinen Hals zudrückte und ich sah mich selbst wie ich unter ihm lag.

Viel später erfuhr ich:
Als er dachte ich sei tot, warf er mich aus dem Fenster.
Als nächstes weiß ich nur noch, dass ich und meine Schwester, im Auto von zwei Leuten vom Jugendamt saß. Ich weiß noch wie verwirrt ich war, weil ich nicht wusste wie ich dort hin gekommen war. Wir wurden zu unserer Pflegemutter gebracht, unser Vater war zu dem Zeitpunkt in der Psychiatrie.

Meine Pflegemutter kam nicht an mich heran, niemand durfte mich berühren. Ich sprach mit Niemanden. Ich erinnere mich nur sehr Bruchstückhaft an diese Zeit. Wir nannten unsere Pflegemutter Tante Heidi. Sie hatte einen Sohn namens Peter. Peter war damals schon 14 und er fand es lustig mich anzufassen, weil ich danach sofort anfing zu schreien und um mich zu hauen.
Ich weiß das ich versucht habe abzuhauen, aus dem Grund wurde dann irgendwann die Türen abgeschlossen, sowohl die Tür nach Draußen, als auch unsere Zimmertür. Aber ich erinnere mich nicht an Einzelheiten.

Für uns war alles neu, wir hatten das erste Mal ein Bad, eine Badewanne, eine richtige funktionierende Toilette. Auch das regelmässige Essen war neu. Wir kannten keine Bananen, oder Schokolade. Wir kannten auch viele Gemüsesorten nicht. Einmal gab es Schwarzwurzeln. Ich musste mich während des Essens erbrechen. Tante Heidi war sehr wütend, sie nahm mir den Teller weg, füllte ihn neu und ich musste weiter essen. Ich saß 3 Tage an diesem Teller. Irgendwann wurde Tante Heidis Mutter richtig sauer, sie sagte: „Das Kind braucht ein Brot!“ Sie nahm mir den Teller mit den Schwarzwurzeln weg und gab mir ein Brot. Ab dem Zeitpunkt mochte ich Ömi, wie ich sie nennen durfte.

Irgendwann sagte mir meine Schwester, dass sie bei Tante Heidi bleiben will, da wurde ich wütend. Wir stritten uns, dann zog ich sie an den Haaren und sie biß mir in den Arm. Tante Heidi und Peter trennten uns.

Dann kam das Jugendamt, sie fragte mich ob ich alleine ins Heim will oder gemeinsam mit meiner Schwester. Ich musste weinen und sagte das ich nur mit meiner Schwester will.
Meine Schwester fragten sie nicht.

Wir kamen ins Heim.
Dort sahen wir auch wieder unseren Bruder. Wir wurden getrennt und mussten in unterschiedlichen Zimmern schlafen. Meine Schwester sprach nicht mehr mit mir.

Irgendwann kam unsere Oma uns besuchen, sie brachte einen Mann mit. Er hatte einen hellgrauen Anzug an. Ich fragte meine Oma wer der Mann sei und sie sagte:„Aber Kind kennst du deinen Vater nicht mehr!“
Wir machten einen Ausflug und unsere Oma und der fremde Mann, brachten uns nicht mehr zurück ins Heim.

Ab da Amnesie.

Der sexuelle Missbrauch und die Misshandlungen hörten erst auf als ich etwa 16 Jahre alt war.

Ich erinnere mich:
Meine Schwester und ich wurden wegen Diebstahl erwischt. Die Polizei brachte uns nachhause, obwohl wir dem Detektiv sagten, dass man uns umbringt, wenn er die Polizei ruft.

Zuhause sagte unser Vater: „Ihr müsst aussagen, das euch die Verkäuferin das Zeug in die Tasche geschmuggelt hat!“
Ich wollte das nicht aussagen. Aber unser Vater lachte und war  ganz ausgelassen. Also stimmten wir zu.
Danach durften wir zu Oma, wir haben Chips gegessen und Cola getrunken.

Irgendwann sagte ich zu meiner Schwester: „Ich hau heute Nacht ab, kommst du mit?“

Als es ruhig im Haus wurde, stahl ich meiner Oma 100DM ich schrieb ihr noch eine kurze Nachricht, wir packten ein paar Sachen in unsere Schulranzen und kletterten aus dem Toilettenfenster.

Dann rannten wir zur Bundesstraße.
Manchmal nahmen uns Autos mit, aber die meiste Zeit liefen wir im Regen.
Einmal zogen wir uns auf einer Autobahnraststätte um und kauften ein Brötchen.

Dann liefen wir weiter.
Gegen 10 Uhr morgens nahm uns ein LKW Fahrer mit, er stellte ein paar Fragen,aber wir waren viel zu müde um zu antworten. Er setzte uns dann an einer Raststätte ab und meinte noch, „hier findet ihr bestimmt jemand der euch weiter helfen kann“ dann fuhr er weg. Ich sagte noch: „Der war aber nett“, dann kamen auch schon Polizisten auf uns zu. Ich rannte weg, aber einer fing meine Schwester. Dann blieb auch ich stehen und ließ mich wegführen.

Die Polizisten waren sehr nett, sie gaben uns Kaffee zu trinken und einer fragte uns, wie wir heißen und wo wir wohnen. Aber meine Schwester fing an zu weinen und ich sagte: „Wenn wir zurück gebracht werden, tötet man uns!“

Der Polizist lachte: „So schnell wird man nicht getötet!“
Da weinte auch ich.
Ein älterer Polizist kam und fing nun an uns zu fragen. Da sagte ich leise:
„Ich will nicht das man uns weiter weh tut, nie wieder!“
Der ältere Polizist sagte, er könnte nicht viel für uns tun, das Jugendamt wäre schon eingeschaltet und kümmert sich dann um uns.

Das Jugendamt kam um 15 Uhr. Es war eine Frau und ein Mann und sie waren sauer, weil wir nicht mehr sprachen. Sie gaben uns was zu essen, dann sagte die Frau: „und wenn ihr nächstens abhaut, dann bitte so, dass man uns nicht wieder ruft!“

Als wir zuhause ankamen, stand meine Oma mit dem Zettel inder Hand auf der Straße, mein Vater sagte nur: „Rein!“

Und zu mir sagte er leise: „DU bist Tot!“

Ich ging an ihm vorbei in die Wohnung von Oma, ich nahm mir ein Küchenmesser aus der Schublade und legte mich mit Kleidung ins Bett. Meine Mutter kam und sagte, ich soll nach oben kommen. Aber ich schüttelte nur den Kopf. Da sagte sie: „Dein Vater killt dich!“
„Soll er doch, er kann mich am Arschlecken, sag ihm das. Und sag ihm – er kann, aber er darf nicht!“

Dann drehte ich mich um und machte die Augen zu. Mein Vater kam und legte sich auf mich. Er wollte mich wieder vergewaltigen, aber ich hatte noch die Straßenkleidung an. Da legte er mir wieder die Hände an den Hals. Ich kam irgendwie an das Messer heran und drückte es ihn an die Seite. Ich weiß nicht ob ich ihn verletzt habe. Er lachte und meinte: „Bist wohl eineWildkatze!“ Dann schlug er auf mich ein.

Amnesie

Jo und Yensaya wurden geboren.

Ich wehrte mich. Ich wurde Punk und bin kaum noch zuhause gewesen. Jo wechselte sich mit Yensaya und Johanna im Außen ab.

.…

Eingefügt von Johanna:
Mit 17 lernte ich meinen Ex-Mann kennen und danach sah ich meine Eltern nie wieder. 1997 trennte ich mich von meinem Ex-Mann. 1998 lernte ich meine jetzige Frau kennen. Mein Vater starb 2010. Meine Mutter ist heute wieder verheiratet. Meine Geschwister haben den Missbrauch an ihre Kinder weiter gegeben.

Ich selbst konnte nie Kinder bekommen.
Ich bin heute sehr glücklich mit meiner Frau und unserer kleinen Tochter und vielen Tieren.
Aber diese Erinnerungen werden immer Teil von mir sein....

Wir alle
Die Schreiberin Ende

Ganz viele an einem Ort




Wir sind ganz viele an einem Ort.

Da gibt es unsere Jo, die laut lacht, sobald die Sonne erwacht
Sie ist impulsiv, naiv, fröhlich und voller Ideen, 
kann aber schlecht mit Menschen umgehen.

Und Johanna die kluge, ganz sprachgewandt, 
sie ist Buddhistin und sehr tolerant.

Da gibt es die kleine ängstliche Grid, die nicht sprechen kann, 
nur Gedanken erreichen uns hin und wann.

Da ist Yensaya, sie ist undbändig und wild,
trägt vor sich einen Panzer und ein Schild.

Und unsere Sweppi, sie ist zart und lieblich anzuschauen,
kann aber ordendlich brüllen und um sich hauen.

Und Tommi im innen, er ist der kühne,
trägt in sich all unsere Erinnerungen und Gefühle.

Und Lings der wäre am liebsten im Sternenlicht am Strand,
mit einem Fernrohr in der Hand.

Und Rechts, sein Zwilling, sie ist diplomatisch und sehr sanft.
Sie und Johanna gehen Hand in Hand.

Doch zusammmen mit Lings wir sie Stoppzeichen nennen,
sie verhindern gemeinsam, das wir ins Unglück rennen.

Da gibt es die Malerin und die Schreiberin,
beide ganz still, autistisch sie heißen, nur sie selbst entscheiden
wer sie will erreichen.

Da ist Moon im innen, die mal Mädchen und mal Junge ist,
sie ist noch ein Kind und ihr Geschlecht ist für uns ganz ungewiss.

Da ist die Gabe, die sich nur in Johanna bemerkbar macht,
sie hat ein Eigenleben entfacht.

Tomya ist tief vergraben und doch noch da
Einst war es Johanna, die sie als erstes sah.

Da gibt es Kreuze die am Wegesrand stehen
von Kindern die einst in uns zu sehen.

Da gibt es Stimmen von Wesen tief unter uns,
ihre Lieder sind traurig und manchmal ganz bunt.

Wir sind ganz viele in dem Körper von einer,
mal ist sie groß und dann wieder kleiner.

Mal ist sie ganz jung und dann wieder alt.
Mal schreibt sie oder malt.

Mal sind wir hier und dann wieder fort
Wir sind ganz Viele an einem Ort.

Die Schreiberin Ende

Samstag, 22. März 2014

Gestern vor 16 Jahren und Heute


Gestern vor 16 Jahren lernte ich Britta kennen und lieben

Damals war ich 32 Jahre alt
Damals hatte ich noch Haare auf dem Kopf
Damals waren wir beide noch Jung.




Und das sind wir heute.
16 Jahre später.
Weder damals noch heute, bin ich die Jenige auf dem Bild.
Beides ist Jo


Und das bin ich


Ich fühle mich wohl in meiner Haut, trotz der Schmerzen die mich tagtäglich begleiten.
Ich warte auf den Moment, in dem meine Mennopause in einen neuen Zenith eingeht und ich das bin, was ich schon lange nahen spüre - das Alter.

Schon jetzt sehe ich beim Rassieren der Stoppel auf meinem Kopf,
 wie weiß meine Haare wären, würde ich sie wachsen lassen.
Manchmal stehe ich vor dem Spiegel und überlege, soll ich oder soll ich nicht. Aber wie jeden 2 oder 3 Tag greife ich doch zum Rassierer und am Ende erblicke ich mich selbst, wenn auch nur für wenige Zeit.

Heilung hat so viele Wege, ein Weg ist zu sich selbst zu stehen, in all seinen Facetten.
Sich selbst jeden Tag in die Augen blicken zu können mit der Gewissheit, dass jede Falte ihre Berechtigung hat und von einem gelebten Leben erzählt.

Die letzten 16 Jahre meines Lebens, waren wundervoll gelebte Jahre.

Ich danke meiner Frau in Ehrfurcht vor ihrem Sein
Ich danke ihr für die Liebe und das Vertrauen.

Es waren die schönsten 16 Jahre meines Lebens und ich freue mich
viele weitere Jahre an ihrer Seite zu verbringen. 


Du bist der Fels in meiner Brandung
Das Licht das mein Dunkel erleuchtet

Ich liebe dich meine Frau
mehr als ich je in Worte fassen könnte.

DANKE für dein DaSEIN.

Deine Johanna



Johannas Geschichte

In Gedanken an Tattoo

Ich wachte auf mit getrocknetem Salz auf meiner Haut
Der Tod hat etwas so Entgültiges.

Ich fühle mich sehr krank heute Morgen. Draußen sind gerade die Vögel erwacht und ihr Gesang ist so schön, dass es mir wieder die Tränen in die Augen treibt. 
Wie jedesmal mal, wenn jemand stirbt, ist unser System wie erstarrt, es kann Stunden oder Tage  dauern, bis Jo wieder spricht. Und diese Sprachlosigkeit fühlt sich so alleine in mir an. 
Jeder trauert anders. Heute Nacht hatte ich viele Stimmen in mir und jemand sang leise und diese Stimme nahm ich mit in meine Träume.

Es war die Stimme eines Jungen der in mir sang.
Ich habe ganz intensiv darauf geachtet, ob ich den Text des Liedes verstehen konnte und ich war überrascht als ich begriff, es ist wieder einmal eine Sprache die ich nicht kannte.

Den Text habe ich mir auch nicht merken können, aber er hat mich eingelullt, mich zart zugedeckt.
Dann hat eine meiner Katzen geschrien und ich bin mit Herzklopfen erwacht.

Der Tod ist mir nicht fremd, er begleitet uns schon so lange.
Manchmal versuche ich ihn mir als älteren Herrn vorzustellen, mit einem grauen Anzug und einem altmodischen Schnurrbart. Wie er da vor meiner Tür steht, einen Hut in seiner einen Hand und einen Gehstock in der anderen. Alte wissende Augen in seinem Gesicht. Und ich denke dann: Draußen ist es so ungemütlich, kommt doch rein, setz dich zu mir und dann lass uns eine Tasse Kaffee trinken. 
Lass uns reden über alte Zeiten.

Ich weiß nicht wieviel Tiere ich in meinem Leben beerdigt habe, aber ich erinnere mich an mein erstes Tier, das ich begleitet habe.
Einen Hund den ich nahe der Bundesstraße im Gebüsch fand. Er lebte noch, war aber sehr schwer verletzt. 

Ich habe vor 2 Jahren versucht Leid in Worte zu fassen, daraus ist eine Geschichte geworden, Johannas Geschichte - meine Geschichte. Vor zwei Jahren war es mir noch nicht möglich zu akzeptieren, dass ich Multiple bin. Doch die Gedanken die ich damals hatte, über das Leid dieser Welt, tragen mich auch heute noch.

Leid kommt und vergeht.

Meine Art Leid zu verstehen:

Als ich ungefähr 6 Jahre alt war, starb ein Hund in meinen Armen. Er sah mich nur an, ohne einen Laut von sich zu geben. Meine Schwester die bei mir war, meinte: "Du Grid, vielleicht hat der Hund ja gar keine Schmerzen."
Ich sagte daraufhin: " Solange er mir nicht zeigt, das er keine Schmerzen hat, werde ich ihn so behandeln als hätte er welche." Das meine ich mit Leid ist allgegenwärtig.
Mein Leid, das ich damals hatte als ich diesen Hund begleitet habe, wie sein Leid, das ich nur annahm. Er starb jedoch in meinen Armen, auch das ist Leid.

Ich glaube, dass es die absolute Wahrheit aller Dinge nicht gibt. Wir gehen davon aus, weil wir Erfahrungen gemacht haben, und im Dauerzustand der Erfahrung sind, ist das was wir erleben, die absolute Realität. Wir erleben die Welt mit unseren Augen, auch wenn wir behaupten, sie in den Augen eines Anderen zu sehen, wahrzunehmen.

Damals hatte ich einen anderen Namen, ich lebte anders. Ich habe Hunger und Durst erlebt, das nagende Gefühl das sich zuerst zeigt, dann das Verlangen nach Speise und Trank. Und dann den tiefen Schmerz, wenn sich die Eingeweide zusammen ziehen, der Geschmack des eigenen Speichels wenn dieser langsam versiegt.
Ich habe einen Mord überlebt, da war ich 9 Jahre alt. Mit 12 und 14 habe ich versucht mir das Leben zu nehmen. Und später habe ich versucht durch Drogen dem Leid mit Leere zu begegnen. 

Es war nicht nur der Hund der damals gestorben ist, es gab viele Menschen und Tiere die mir im Leid begegnet sind. Loslassen war daher nie eine Frage, es war notwendig um nicht am Leid der anderen wie meinem eigenen zu zerbrechen.
Ja es war ein ganz persönlicher Krieg, der immer noch Wunden trägt, die Narben wurden.
Mit 4 Jahren wurde ich das erste mal vergewaltigt.
Mit etwa 9 Jahren gab es viele die es taten, es waren Männer und Frauen, sie alle kamen aus dem Leid, welches sie an mich weitergaben.
Ich habe erleben müssen, wie Kinder sich am eigenen Blut erbrachen, wie sie sich zusammen kauerten um sich zu wärmen, in dunkelsten Zeiten wurde irgendwie ein Licht entzündet, weil wir nicht alleine waren.

Da wurden Messer gewetzt und Pistolen gesäubert und Menschen die uns hassten, weil sie keine Liebe empfinden wollten, denn das wiederum hätte Mitgefühl ausgelöst für uns Kinder. In all dieser Zeit habe ich Mitgefühl empfunden für alle in den Räumen und alle in den Betten, die aus Matratzen bestanden.
Es war egal wer neben mir lag, oder in mir.
Ich war wie ein Alien weil ich nicht hassen konnte, ich vermittelte so gut es ging, manchmal hatte ich Glück und die Strafen waren milder. Manchmal sah ich sogar wohlwollen in den Augen. Doch manchmal da brachen einfach Schleusen auf und Hände wurden zu Krallen, Münder zu Mäulern mit großen Zähnen die mich und die Kinder kratzen und bissen. Als Kind hat man wenig Chancen dem zu entgehen.
Als ich sterben sollte war ich noch ein Baby, und dann später war ich 9 Jahre alt. Das Leid kam mit Händen die sich um meine Kehle legten und so lange zudrückten bis ich ohnmächtig wurde. Mein lebloser Körper wurde dann aus dem Fenster geworden wie ein Kirschkern, oder ein alter maroder Apfel.
Das ich überlebte verdankte ich dem Mitleid einer alten Dame im Nachbarhaus.

Leid hat viele Gesichter, wir tagen sie in uns - wenn ich sage wir, dann meine ich mich und die Kinder die ich einst kannte, die Tiere die mir begegneten, die Menschen die mich begleiteten,  - die Stimmen die in mir sind.
 
Als ich erwachsen wurde, starben Menschen aus meinen Leben. Ich hatte das Glück eine Frau bis zuletzt zu begleiten, sie sprang von einem Hochhaus in dem ich lebte, sie starb in meinen Armen und wieder war es so wie damals bei dem Hund. Die Sanitäter kamen und sagten: "Da ist nix mehr zu machen!" und ich sagte: "Solange ich ihre Seele fühle bleib ich hier sitzen!" Sie mussten warten.

Im Buddhismus gibt es keine Seele, doch ICH weiß das es die Seele gibt - ich nenne sie Seele, weil ich keinen anderen Namen dafür habe. Ich sehe die Seele gehen, und was zurückbleibt hat mit dem Menschen im Leben, nichts mehr gemein. Es ist wie ein Hauch einer letzten Antwort.
Als ich etwa 11 oder 12 Jahre alt war, half ich einer Frau bei einer Abtreibung, ich tat es nicht freiwillig, ich musste ihr helfen, denn damals hatte ich keine Entscheidungsmöglichkeit.
Ich hielt die Stricknadel und tötete ihr Baby. Ich vergrub es im Garten, wusch mir die Hände im Bach und während ich dort stand, zerbrach etwas in mir.

Mit 19 war ich das erste Mal schwanger, ich habe das Baby verloren. Mit 25 das zweite Mal, auch diesmal verlor ich es.
Ein paar Jahre später wurde ich erneut schwanger, ich fühlte meine Tochter heranwachsen und ich fing an sie mit meinem ganzen Herzen willkommen zu heißen in dieser Welt. Im 5 Monat der Schwangerschaft hatte ich eine Totgeburt, sicherlich könnte man es auch anders nennen, doch für mich existiert Leben sobald sich der Fötus einnistet, das Herz anfängt zu schlagen..
Ich hatte Wehen, doch anstatt den Krankenwagen zu rufen, ging ich ins Bad und gebar mein totes Kind in der Toilette: " Aus dem Wasser kommst du und du zurück darfst du gehen!"
Ich sagte es während ich die Toilettenspühlung betätigte. An dem Blutverlust wäre ich beinahe gestorben. Aber ich habe wieder das Leid überwunden.

Der tot macht mir keine Angst, er ist immer da, steht neben mir, während ich diese Zeilen schreibe. Und wenn ich vergehe, dann gibt es nur einen Wunsch in mir, möge meine Familie die Trauer überwinden und neu anfangen.

Mit 20 habe ich das erste Mal eine Therapie gemacht, ich tat es, weil ich mit dem Wissen, das meiner kleinen Schwester das gleiche passiert wie mir, nicht leben konnte.
Damals sagte die Therapeutin zu mir: "Sie müssen an sich denken!" Und ich sah sie an und fragte zurück: 
"aber wer denkt dann an die anderen?"
Ich verstand sie nicht.
Ich lernte mit 17 einen Mann aus gutem Hause kennen, er war gebildet und öffnete mir eine Welt, die ich bis dahin nicht kannte. Ich konnte reisen und andere Kulturen kennen lernen. Ich hatte Materielle Güter, Schmuck und Designer Kleidung.
Er wurde sehr krank, zuerst war er Blind, dann versagten die Muskeln seiner Beine, zuletzt brauchte er einen Rollstuhl.
Ich pflegte ihn 14 Jahre lang. Ich war immer schon lesbisch, ich wusste es bereits mit 9 Jahren, weil ich die Frauen die mich misshandelten und missbrauchten wesentlich angenehmer fand als die Männer - auch wenn ich an der Intensität der Gewalt keinen Unterschied feststellen konnte. So war es ihr Geruch, die Zartheit ihrer Haut. 

Die Jahre mit meinem Mann waren geprägt durch Enthaltsamkeit, Angst und Verzicht. Als ich 30 Jahre alt wurde, wurde mir bewusst, das ich nichts mehr bin, als den Fußabdruck den ich hinterlasse wenn ich über Sand gehe - ich bin vergänglich. Die Zeit die mir blieb wollte ich leben lernen, lieben lernen und mit vollem Bewusstsein mein ICH erkennen.
Doch ich konnte ihn nicht so einfach verlassen, er hatte mein Mitgefühl und meine Liebe. Also schmiedete ich einen Plan. Wir kauften eine Eigentumswohnung, die ganz nach seinem Bedürfnissen ausgestattet war. Ich zeichnete den Bauplan der Wohnung selbst, ich wollte damit verhindern, dass mein Plan an Nichtigkeiten scheiterte.
Als die Wohnung fertigestellt wurde, zog ich in das dritte Zimmer, welches ich für seine Pflegerin geplant hatte. Ich hatte Affären mit Frauen, die mich nicht lieben. Und ich hatte Sex ohne einen Höhepunkt zu wollen. Ich wollte IHN aufheben, für die Liebe meines Lebens, von der ich wusste, dass sie kommen wird.
Ich wusste es immer, tief in mir. Um die 26 malte ich ein Bild, welches ich Enigma nannte, und mit 32 Jahren stand die Frau vor mir, sie ist heute meine Lebenspartnerin.

Ich verließ meinen Mann, mit 31 Jahren, so wie ich ihn kennen gelernt hatte. Mit nur wenig ersparten und ein paar Möbeln. Ich unterschrieb eine Verzichtserklärung. Ich wusste er wird all sein Kapital brauchen. Er fand eine neue Pflegerin, die er ein Jahr nach unserer Scheidung heiratete. Ich wollte nur eines mitnehmen, einen kleinen Kater, dem mein Herz gehörte.

Er starb am 24 Dezember, er wurde von einem Zug erfasst, so erzählte es mir der anonyme Anrufer am 1 Weihnachtsabend.

Ich habe viele gehen und kommen sehen, Menschen und Tiere kreuzen meinen Weg. Tinker-Bell mein kleiner Kater war nur einer von vielen und doch hat sein Verschwinden erneut mein Herz brechen lassen.
Oft habe ich mir die Frage gestellt woher meine Hoffnung und Liebe für all die Wesen kommt die mir begegnet sind und immer wieder begegnen.
Anfangs habe ich es versucht mit Religionen zu erklären, ich las mit 12 Jahren das alte Testament, wenige Jahre später den Talmut, den Koran. Ich las mich durch die Edda und irgendwann auch durch hinduistische Schriften. Was ich fand war keine Erklärung, es waren Thesen, es waren Konstrukte. Ich las über Philosophien, hielt mich an der Naturwissenschaft eine Weile fest. Dann lernte ich meine Frau kennen und lieben und ich erlebte das erste Mal in meinem Leben - das mich ein Mensch in meinem Sein und Denken stehen lies.

Sie ist viel langsamer als ich, aber das sind die meisten Menschen. Während ich schreibe gehen meine Gedanken und Gefühle auf Wanderschaft. Wenn ich rede, dann handel ich in kürzester Zeit Themen ab, während mein Gegenüber noch überlegt was ich damit sagen will, bin ich schon wieder ganz woanders und doch bei ihm.
Während meiner Kindheit hatte ich den Namen Hexe erhalten, weil ich Gedanken anderer Menschen lesen konnte, ich konnte Dinge wieder finden, die andere verloren und ich konnte Situationen einschätzen, und mich selbst manchmal vor Gewalt schützen.
Hexe war so ein negativer Begriff für ein kleines Mädchen. Als ich Erwachsen wurde, versuchte ich diese Gabe tief zu vergraben, ich wollte so gerne dazu gehören zu dem Menschen die ich liebte. Aber je mehr ich wollte, desto mehr entfernten sich die Menschen. Ich lernte zu lieben, ohne auf Gegenliebe zu hoffen. Als ich meine Frau kennen lernte, wurde der Begriff Hexe wieder in mein Gedächtnis gerufen. Es passierten viele Dinge dich voraus sah, während meine Frau anwesend war.

Wenn ich etwas sehe, dann erscheint es mir nicht wie im wahren Leben, ich sehe es als Beobacherin, ohne zu wissen wo ich bin.
So sah ich den tödlichen Unfall einer Freundin, ich sah den Selbstmordversuch meiner Mutter, ich sah den Selbstmord eines Freundes und den Selbstmord des Vaters einer Freundin voraus.
Diese Sicht der Dinge ermöglicht mir NICHTS, ich kann nicht eingreifen oder verändern, ich sehe es und lebe damit.
Durch  meine Frau kam ich unbewusst zum Buddhismus. Ich lernte zu lieben, einen Menschen so gänzlich anzunehmen. Die liebe die ich bisher für alle Menschen und Tiere erlebt hatte, war dennoch da, aber ich konnte mich selbst sehen in den Augen meiner Frau - ich sah mich selbst, während ich in ihren Armen lag, mich selbst wenn sie mir sagte das sie mich liebte.

Das erste Mal in meinem Leben sah ich MICH. Sie spiegelte mir das was ich war, auch ohne viele Worte. Sie spiegelte mir liebe und achtsamkeit, verantwortung und sein lassen. Diese Liebe fühle ich nun seit 14 Jahren, durch sie habe ich angefangen mich selbst zu lieben, mir selbst wichtig zu sein.
Ich habe durch sie mein ICH gefunden.
Während unserer Beziehung gab es oft Momente, da wäre ein anderer Partner eifersüchtig geworden, ich liebe intensiv, ich liebe immer und überall. Britta sah diese Intensität meiner Gefühle und konnte sie stehen lassen. Sexualität spielt für mich nur eine untergeordnete Rolle.
Wir erlebten sie sehr intensiv während unserer ersten Jahre. Dann wurde ich Krank.

Während eines Asthma Anfalls erlitt ich einen Körperlichen Zusammenbruch, ich konnte weder laufen noch reden. Mein Körper gab den Geist auf, während meine Psyche auf Hochtouren lief.
Die Ärzte fanden eine Menge merkwürdiger Erklärungen, so hatte ich Yersinien im Blut, die Erreger der Pest. Meine Wirbelsäule ist die einer 80 Jährigen Frau. Mein Gehirn wies ungewöhnliche Anomalien auf. All das war ein Rätsel und so kam ich von einer Klinik in die Nächste.
Und immer wieder kamen Professoren um mein Krankenblatt zu studieren. Es wurden Diagnosen gestellt und wieder verworfen. Innerhalb kürzester Zeit wurde ich mit Aids, Gehirntumor und Infarkt konfrontiert. Man wetzte Bücher und diskutierte vor meinem Bett, während meine eigene Welt immer kleiner und kleiner wurde.

Meine Frau wurde sehr leise in dieser Zeit, wir hielten an den Händen und schwiegen. Die Schmerzen kamen und gingen und während einer besonders schmerzvollen Zeit lag ich im Bett und atmete einfach nur ein und aus, ohne auf meine Gedanken zu achten, ich atmete in den Schmerz und atmete aus dem Schmerz heraus. Und auf einmal geschah etwas merkwürdiges, ich sah eine weiße Wand vor mir, sie breitete sich immer weiter und weiter aus, so dass es in meinem Kopf nur dieses Weis gab und nichts anderes.
Dann fühlte ich ein starkes Kribbeln über meinen Körper laufen, das Kribbeln blieb in den Händen und Füßen und von dort verbreitete es sich in dem Krankenzimmer in dem lag.
Es floß aus mir hinaus und wieder hinein.
Ich verstand es damals nicht, aber ich ließ es fließen und fließen. Es war wundervoll, dass Licht in mir zu fühlen, es erstrahle den ganze Raum in ein herrliches Weis.

Ich habe es nie hinterfragt, nicht gefragt woher es kam und wohin es wieder ging.
Irgendwann wurde das Kribbeln schwächer und irgendwann verschwand auch das Licht. Und mir ging es von Tag zu Tag besser. Ich wurde nicht gesund, das bin ich auch heute noch nicht. Aber ich kann seit dem mit meiner Krankheit leben.

... hier schließe ich so langsam, weil ich sowieso schon viel zu viel geschrieben habe.

Es gibt kein Fazit, ich erlebe Leid als Allgegenwärtig, jeden Tag aufs Neue und das seit Anbeginn meines Lebens. Manchmal sind es nur kurze Momente, gestern als ich wieder einmal unachtsam war, ich gab meinen Hühnern futter und diesmal sah ich nicht auf den Boden auf dem ich lief, ich zertrat eine Schnecke. Vor einem Monat ist mir das auch passiert, da dachte ich noch, wenn ich ihr ein neues Haus suche, dann hat sie vielleicht eine Chance zu überleben. Ich fand ein Haus und legte es sachte neben die Schnecke, ich saß eine Stunde bei ihr, aber sie war schon nach Minuten nicht mehr am Leben. Ich saß dort neben der Schnecke und heulte solange bis ich keine Tränen mehr hatte. Ich war alleine, meine Frau war arbeiten und meine Tochter im Kindergarten, ich konnte mir diese Trauer gewähren.
Seit dem weiß ich, das kein Haus dieser Welt einer Schnecken die zertreten wurde, helfen kann. Ich lebe damit.

Bei all dem was mir widerfahren ist, fühle ich liebe in mir. Glück. Ich musste erst begreifen was dieses Glück ist und wie es sich anfühlt. Früher war Glück schwarze Farbe. Heute hat es die Farben aller Regenbogen in sich vereint.
Ich bin ein Synästhetiker, ich denke in Farben.
Laut einer Therapeutin habe ich eine Inselbegabung, weil ich innerhalb nur kurzer Zeit Texte verfassen  kann. Und weil ich divergent denke, mehrgleisig. Ich kann mich sehr intensiv einem Thema witmen, dann tue ich nichts anderes, manchmal Stundenlang, doch oft auch Tage lang. Ich vergesse alles um mich herum, ich versinke in das was ich tue.
Eine Therapeutin meinte ich hätte das Asperger Syndrom, weil ich manchmal nicht erkenne, dass ich Menschen mit meinem Sein überfordere.Weil ich manchmal nicht erkenne, was andere Menschen von mir wollen. Ich höre ihre Stimme, ich sehe ihr Gesicht, aber manchmal schaffe ich es nicht, beides miteinander zu verbinden.

Ein Therapeut meinte, ich hätte eine Multiple Persönlichkeitsstörung, weil ich mehr als nur einen Gedanken habe und mich selbst manchmal in der dritten Person anspreche (du denkst, du hast...), die Stimmen haben sich irgendwann Namen gegeben und leben neben mir und in mir und manchmal wechseln wir uns ab.
Ein Therapeut meinte, ich sei als Kind autistisch gewesen, weil es eine Zeit gab, in der ich nicht sprach.
Eine Therapeutn sagte, ich kann mich selbst heilen, meine Kindheit, meine Schmerzen, mein Sein.
Es gibt so viele Vermutungen, so viele Diagnosen, das ich sie im Laufe meines Lebens vergessen habe.
Ich habe oft erleben müssen, wie Schubladen geöffnet wurden und wieder geschlossen.

Ich weiß es nicht, ich weiß nicht wer oder was ich bin.
Ich habe dafür keinen richtigen Namen, ich nenne das was in mir ist: "Die Gabe"

Am 4 September 2001 hatte ich eine Vision, ich sah zwei Flugkörper in zwei Türme stürzen. Ich sah Menschen die aus den Türmen sprangen und vor mir auf dem Boden prallten. Ich sah Feuer aus dem Türmen lodern. Ich fühlte nichts.
Es war der Tag meines Geburstages, an diesem Tag sprach ich das erste Mal öffentlich über meine Vision vor meinen Bekannten und Freunden. Sie alle sind stumme Zeugen eines Wahrheitstraums
Mir ging es sehr schlecht, weil ich nicht wusste wo dieses Unglück stattfinden wird.

Am 11 September geschah es dann.
Meine Frau bat mich Händeringend nicht darüber öffentlich zu reden, sie hatte Angst um mich...
Aber meine Freunde und Bekannten sprachen darüber, immer wieder. Sie wollten Antworten die ich ihnen nicht geben kann.

All das bin ich, damit lebe ich. Ich lebe seit meiner Kindheit damit und ich weiß nicht warum. Ich sehe Menschen und Tiere sterben und ich fühle ihren Tot, ich fühle den Schmerz und ich fühle mich wie sie.
Es gibt keine Trennung - auch eine Wahrheit die ich weiß. Die Trennung ist eine große Illusion.
Ich erlebe es hier wie dort. überall wo ich bin.
Ich bin eine Spiegelträgerin, das sagte mir einmal ein junges Mädchen.
Damit kann ich mich einigermaßen identifizieren. Es spiegelt mir das Leben, und ich spiegel es zurück.

Das ist vielleicht der Grund warum ich hier bin, der wahre Grund. Der Buddhismus gibt mir die Möglichkeit zu erklären warum es mich gibt und warum ich Leid so intensiv erfahren muss und dennoch Glück erlebe. Kausalität, das ist etwas das für mich nicht nur ein Wort bedeutet, es ist ein Teil der Erklärung meines Seins.
Alles darf Sein, auch solche Monströsitäten wie ich.
Sie haben ihre Berechtigung in diesem Leben.
Ich war immer auf der Suche nach einem Ebenbild, jemanden der so ist wie ich, damit ich nicht mehr so alleine bin.
Ich habe eine wundervolle Familie die diese Seiten in mir kennt und sie schützen möchte und sein lassen kann. Aber ich habe niemanden an meiner Seite der versteht, was ich verstehe.
Manchmal verstricke ich mich, weil ich so gerne etwas bewusst machen möchte, was schon längst sichtbar ist.
Dann werde ich anmaßend und impulsiv. Und bei all dem weiß ich das auch noch.

Es geht mir dann sehr nahe. Ich will nicht verletzen und doch tu ich es.
Immer wieder. Alleine wenn ich nicht auf den Boden sehe wenn ich laufe und dabei weiß, es sterben zig Tiere nur weil sie unter meinen Füßen landen. Es gibt vieles was ich noch schreiben könnte... Romane in den Romanen, über Menschen die meinen Weg kreuzten und wieder gingen. Über die Kinder von damals und die Kinder die sie bekamen. All die Schicksale sie haben ihren Platz in meinem Herzen.

Ich könnte über meine Stimmen schreiben, die Namen haben.
Und dann fühle ich, wie ich jung werde und die Lust am Leben lässt mich Tanzen. Dieser Anteil nennt sich in mir Jo. Ein junges Mädchen mit dem wissen einer alten Frau.

Doch ich weiß nicht warum, ich kann noch nicht so offen darüber reden.

Mein Roman den ich jetzt geendet habe, handelt von meinem Leben. Auf vielen Seiten habe ich versucht so konzentriert wie es mir möglich war, das wieder zu geben, was ich erlebt habe.
Dort ist Hass zu finden und Liebe und vieles mehr. Manches lässt sich nur schwer in Sprache übersetzen, es sind nur gefühlte Erinnerungen ...

Irgenwann werde ich ihn veröffentlichen - das jedoch war nicht meine Intension als ich ihn schrieb, ich schrieb ihn für meine Tochter, damit sie eines Tages darin lesen kann, wenn ich nicht mehr bin.

Alles liebe von Johanna